Union gegen Hertha: Die Trainer im Endspiel-Gespräch

Oliver Reiß (l.) und Marco Grote (r.) haben ihre Teams ins Finale gecoacht. Foto: Getty Images/Inaki Esnaola (l.) / 1. FC Union Berlin (r.).

Im Finale des Nike Youth Cups der A-Junioren treffen am 8. Mai der 1. FC Union und Hertha BSC aufeinander. Im BFV-Interview sprechen die Trainer.

Am Mittwoch, den 8. Mai 2024 stehen sich ab 19:00 Uhr die A-Junioren des 1. FC Union Berlin und von Hertha BSC im Endspiel des Nike Youth Cups im Poststadion (Lehrter Str. 59, 10557 Berlin) gegenüber. Tickets können ausschließlich im Online-Verkauf erworben werden. Team Facts zu allen Landespokalfinals gibt es über den „Pokalfieber“-Channel der TEAM BERLIN APP.

Im Vorfeld des mit Spannung erwarteten Prestigeduells haben Union-Coach Marco Grote und Hertha-Trainer Oliver Reiß über das Pokalfinale, die Nachwuchsförderung sowie die gemeinsame Bildungspartnerschaft mit dem BFV gesprochen.

Das Interview wurde vor der Ernennung Marco Grotes zum Interimstrainer der 1. Herren geführt.

 

Am 8. Mai kommt es im Finale des Nike Youth Cups der A-Junioren zum Aufeinandertreffen zwischen Euren Mannschaften. Wie heißt seid Ihr auf das Endspiel?

Oliver Reiß: Es ist natürlich eine überragende Konstellation. Ein Finale ist ohnehin schon immer besonders, aber dieses Derby im Finale ist etwas ganz Spezielles. Wir gehen topmotiviert in die Partie.

Marco Grote: Ich bin kein Berliner, aber habe über die Zeit gemerkt, dass das Berliner Pokalendspiel im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern vom Rahmen und der Wertigkeit her noch ein Stück weit anders behandelt wird. Die Paarung ist zudem eine schöne Geschichte. Der Vergleich Hertha gegen Union ist, egal in welchen Wettbewerben, immer interessant. Diesmal ist es eben dieses eine Spiel, in dem es um alles geht, das ist eine besonders spannende und herausfordernde Konstellation.

Oliver Reiß: Was ich noch besonders schön finde, ist, dass es abgesehen vom Derby-Charakter dieses eine Spiel ist, in dem sich zwei Berliner Mannschaften auf Augenhöhe begegnen.

Marco Grote: Sagen wir mal so: Das ist unser dritter Versuch, Euch auf Augenhöhe zu begegnen [Beide lachen] (Union verlor beide Ligaspiele gegen Hertha, Anm. d. Red.).

 

Oliver, Hertha BSC beschreitet aktuell den „Berliner Weg“, was bedeutet, dass in der 2. Bundesliga vornehmlich auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs gesetzt wird. So standen in einigen Spielen der laufenden Saison bis zu sechs Akteure aus der Akademie auf dem Rasen. Der Sprung in den Profi-Kader scheint für die Spieler Deines Teams aktuell ein Stück weit einfacher zu sein als in der Vergangenheit. Worauf kommt es von Vereins- und Spielerseite an, um den Sprung zu schaffen und sich langfristig zu etablieren?

Oliver Reiß: Die Jungs sollen früh das Gefühl bekommen, dass sie bei Hertha BSC eine Perspektive haben. Dazu gehört, dass wir sie nicht nur loben, sondern ihnen auch vermitteln, dass wir eine ganze Menge von ihnen erwarten – vor allem, wenn sie schon oben angeklopft haben. Der Verein möchte auch in Zukunft mutig sein und Talenten Spielzeit im Profibereich geben. Die vielen Jungs, die in dieser Saison ihr Debüt gefeiert haben, unterstreichen nicht nur diese Einstellung. Sie sind natürlich auch perfekte Beispiele, um deutlich aufzeigen zu können, dass man Vollgas geben muss und es mit guten Leistungen dorthin schaffen kann!

 

Marco, bei Union entsteht aktuell Großes. Ein neues Trainingszentrum wurde eröffnet. Die Qualität der Nachwuchsförderung soll sich dem gewachsenen Erfolg und Anspruch des Gesamtvereins anpassen. Welche Ziele verfolgt Ihr mittelfristig mit Eurer Nachwuchsausbildung?

Marco Grote: Uns kann man da aktuell nach wie vor nicht wirklich mit Hertha vergleichen. Dort ist man über zig Jahre deutschlandweit eine von den Topadressen im Nachwuchs und hat eine hohe Durchlässigkeit zu den Profis, während wir das alles bei Union jetzt erst Stück für Stück erweitern. Es befindet sich alles im Wachstum und das neue Trainingszentrum ist ein wichtiger Baustein. Die Profi-Mannschaft hat links und rechts alles überholt, vom Bundesliga-Aufstieg bis in die Champions League. Wir versuchen jetzt im Nachwuchs, Schritt für Schritt daran Anschluss zu finden und eine Anbindung auf einem höheren Level zu schaffen, damit die Durchlässigkeit auch bei Union erhöht wird. Dafür gibt es bereits Beispiele wie Aljoscha Kemlein oder Oluwaseun Ogbemudia, die schon Chancen im Profikader hatten. Das große Ziel muss sein, diesen Pool an Talenten zu vergrößern und den Abstand nach oben zu verringern, damit solche Möglichkeiten irgendwann vermehrt da sind.

 

Den Berliner Fußball-Verband verbindet eine Bildungspartnerschaft mit Hertha und Union, das heißt, es finden Qualifizierungsmaßnahmen in enger Zusammenarbeit mit den Vereinen statt. Inwiefern können aus Eurer Sicht Amateur- und Nachwuchstrainer:innen davon profitieren, von Mitarbeitenden aus Profi-Clubs zu lernen?

Marco Grote: Austausch unter Trainerinnen und Trainern, das ist unabhängig vom Status oder der Funktion immer ein Geben und Nehmen. Wenn es eine gute Kommunikation gibt, dann hilft es den Coaches und somit auch den Spielerinnen und Spielern auf ihrem Weg. Wenn du bei einem Lehrgang zusammenkommst, hast du ein großes Spektrum an Übungsleitenden, die aus verschiedenen Bereichen kommen und man kann sehr gut voneinander lernen und profitieren. Ich würde mich da freimachen vom ‚Wer ist wer‘. Wenn man sich entsprechend begegnet, kann auch ein Profi- von einem Nachwuchscoach sehr viel mitnehmen.

Oliver Reiß: Ich kann das mit dem beidseitigen Lernen nur bestätigen. Als ich im Amateurbereich angefangen habe und später bei Fortbildungen oder Lehrgängen die ersten Begegnungen mit Verantwortlichen von Hertha BSC hatte, dachte ich oft, dass deren Ideen und Inhalte aufgrund anderer Rahmenbedingungen gar nicht auf meine Arbeit zu übertragen wären. Umso überraschender war es mit der Zeit, solche Dinge in den eigenen Übungen wiederzuerkennen. Der größte Unterschied liegt deshalb gar nicht im Training. Viele Übungen lassen sich auf allen Niveaus durchführen, sind vielleicht nur in Nuancen anders. Unterschiedlich ist eher die Qualität der Spielerinnen oder Spieler. Die Berührungsängste sind manchmal zu groß. Das war auch für mich damals eine wichtige Erkenntnis, zu merken, dass im Profibereich und in den Leistungszentren auch nur mit Wasser gekocht wird.

Marco Grote: Ich bin ja nun schon ein paar Tage älter und kann das so auch nur bestätigen. Wir kochen alle mit Wasser, niemand hat irgendwas neu erfunden. Natürlich sind die Qualität und ein paar Kleinigkeiten anders, aber ich glaube, dass wir gerade inhaltlich und menschlich im fachlichen Umgang wunderbar voneinander profitieren können, umso freier wir uns machen.

 

Im Nike Youth Cup gab es für beide Teams Spiele, in denen man als Bundesligist gegen den unterklassigen Gegner vielleicht nicht mit der Souveränität gewonnen hat, die auf dem Papier zu erwarten war. Worin liegt die Herausforderung, wenn es gegen die vermeintlich Kleinen geht?

Oliver Reiß: Wir wissen, dass solche Begegnungen kein Selbstläufer sind. Das war in den Jahren davor nicht anders. Für mein Team und mich ging es immer darum, die Jungs so vorzubereiten, dass sie an ihre 100 Prozent kommen und der Favoritenrolle gerecht werden. Für die gegnerischen Spieler und die Zuschauerinnen und Zuschauer vor Ort ist es oft ein Highlight, gegen Hertha BSC zu spielen. Dementsprechend ist die Stimmung und dementsprechend groß ist die Motivation. Mit jedem abgefangenen Pass, jedem gewonnen Zweikampf und mit jedem Angriff wittert der Gegner seine Chance. 

Marco Grote: Das ist ja im Profifußball genauso. Selbst gestandenen Profis fehlt dann manchmal dieser letzte Prozentpunkt. Außerdem findest du manchmal Bedingungen vor, die du aus den Ligaspielen nicht gewohnt bist. Dazu kommt dann dieser Faktor, dass junge Mannschaften ein bisschen instabiler sind und wenn so ein Spiel seine eigene Geschichte hat, dann kann das im Pokal in jede Richtung gehen.

 

Marco, zweimal habt Ihr in dieser Saison in der Liga gegen Hertha den Kürzeren gezogen. Warum klappt es im Pokalfinale mit dem Sieg?

Marco Grote: Im ersten Ligaspiel, das wir gegen Hertha mit 0:3 verloren haben, waren wir über weite Strecken sehr nah dran und sind uns mit Hertha auf Augenhöhe begegnet. Die letzten 20 Minuten war es vielleicht eine klarere Sache, weil du nach dem 0:2 etwas den Glauben verlierst, aber insgesamt war es spielerisch echt eng. Im Rückspiel haben wir dann zwar nur 1:2 verloren, aber da war Hertha ganz klar in allen Bereichen besser, da sind wir gar nicht reingekommen. Von daher muss es im Finale darum gehen, inhaltlich an das Liga-Hinspiel anzuknüpfen und zu schauen, was in den 90 Minuten für uns drin ist.

 

Pokalfinale, eine volle euphorisierte Tribüne. Wie schwörst Du Dein Team ein, Oliver, damit der Pokal in den Olympiapark wandert?

Oliver Reiß: Früher habe ich dazu geneigt, so eine Partie wie jedes andere Spiel zu sehen. Diese Sichtweise habe ich mittlerweile geändert. Inhaltlich gibt es zwar grundsätzlich keinen Unterschied, aber ich möchte den Jungs klarmachen, dass so ein Endspiel eine spezielle Erfahrung ist und sie ruhig nervös sein dürfen. Eine besondere Partie, in der es einer besonderen Leistung bedarf. Es wird ein Match auf Augenhöhe vor vielen Zuschauerinnen und Zuschauern – und am Ende gibt es einen Titel, den wir gewinnen möchten.