BFV-Präsidialmitglied Lyés Bouziane im Interview

Lyés Bouziane, Präsidialmitglied Fußballentwicklung, spricht im Interview mit seinem Verein Viktoria Mitte über die Corona-Krise.

Wie geht es dir in der Zeit der Corona-Pandemie? 

Als Familienmensch ist man im Moment natürlich stark mit seiner Familie beschäftigt. Wenn man zu Hause bleiben muss und die Kinder nicht zur Schule gehen, ist das natürlich schon ein starker Einschnitt. Ich glaube, dass es uns alle ein bisschen mehr zusammengeschweißt hat, weil keiner von vornherein so richtig einschätzen konnte, was da eigentlich gerade passiert. Man merkt so langsam, was für eine große Last auf den Menschen ruht und ich finde es sehr angenehm, zu sehen, mit was für einer Ruhe die Menschen mit der Situation umgehen. Mir persönlich geht es deswegen gut, weil ich sehe, dass die Menschen verstanden haben, dass wir uns in einer Ausnahmesituation befinden und sie sich dieser Herausforderung auch stellen.

Fehlt dir etwas im Moment? 

Das würde ich so gar nicht sagen, da ich mir die Situation zu eigen mache. Es ist eine Ausnahmesituation, sie hat uns aber gleichzeitig aus dem Lebenstrott, in dem wir uns vorher befunden haben, gebracht und das hat auf jeden Fall zum Nachdenken angeregt. Das ist etwas, was mir an der Situation schon gefällt, weil nach der Krise vielleicht auch eine andere Lebensart dadurch geprägt wird. Natürlich finde ich es schlimm, was weltweit passiert, gerade die vielen Toten, und dass wir trotz unseres medizinischen Fortschritts nach wie vor keinen Impfstoff haben. Bei allem Übel, das die Krise mit sich bringt, sind aber auch die kleinen Vorteile zu sehen, aus denen wir definitiv unsere Lehren ziehen sollten.

Wie sieht das Arbeiten in einem Sportverein aktuell aus, wo die Ausübung von Sport nicht möglich ist? 

Es ist sicherlich so, dass die Mannschaftssportarten stark eingeschränkt sind. Wir haben allerdings eine gewisse Lockerung im Individualsport. Die Übungsleiter haben sich auch relativ schnell mit der Situation auseinandergesetzt und sind neue Wege gegangen. Durch die digitalen Medien haben einige von ihnen ihre Kursangebote über Videokonferenzen abgehalten. Die Rückmeldung der Mitglieder darauf ist wahnsinnig positiv und man kann wirklich stolz darauf sein, dass die Übungsleiter ihre ehrenamtliche Tätigkeit nicht nur auf die klassischen Angebote beschränken und so innovativ sind.

Mit welchen Institutionen berät man sich? Findet ein regelmäßiger Austausch statt?

Ich denke, dass die Verbände am Anfang auch ein wenig mit der Situation überfordert waren. Letztlich arbeiten dort auch nur Menschen, die sich zusätzlich auch den politischen Entwicklungen unterwerfen müssen. Was jetzt mittlerweile sehr viel betrieben wird, ist, dass die Vereine, zum Beispiel im Bereich Online-Training, unterstützt werden. Da geben sich die Verbände schon große Mühe und versuchen auch auf die Bedarfe der Vereine einzugehen. Was sicherlich schwierig ist, ist eine Eigenentscheidung der Verbände herbeizuführen, das ist ganz klar die Aufgabe der Politik. Der erste Schritt ist ja, dass die Sportplätze zumindest für Individualsportler wieder geöffnet werden, das sollte aber nicht die einzige Maßnahme bleiben. 

Gibt es schon einen Zeitplan für die Wiederaufnahme des Sportbetriebs?  

Nein, die Entwicklungen vollziehen sich ja dynamisch und wir sollten auf die Experten hören und da ist die Medizin in aller erste Linie gefragt. Wichtig ist, dass man auf gemeinsamer Basis kommuniziert und dass die Fachverbände eng zusammenstehen, damit sich am Ende keiner benachteiligt fühlt.  

Was können Mitglieder von Viktoria Mitte tun, um sich in dieser Zeit zu engagieren? 

Direktes Engagement im Sportverein ist aktuell, aus meiner persönlichen Sicht, nicht die wichtigste Betätigung. Es gibt beispielsweise auch viele hilfsbedürftige Menschen, wo auch viele Aufrufe zu sehen sind. Dort kann man sich aktuell vielleicht auch sinnvoller als im Sport engagieren. Was mir, als Vereinsmitglied und als Vereinsvertreter wichtig ist, ist, dass die Vereine als Non-Profit Organisationen natürlich darauf angewiesen sind, dass die Mitglieder jetzt nicht sofort ihre Mitgliedsbeiträge zurückziehen. Dies würde mit Sicherheit dazu führen, dass die Strukturen der Vereine dadurch nachhaltigen Schaden erleiden würden. Wenn ein Verein in der Folge seine Struktur verliert, wird nach der Krise auch kein Sportangebot mehr vorhanden sein. Vielen Vereinen geht es aber noch gut und große Austrittswellen bleiben aus. Das zeigt, dass wir als Solidargemeinschaft für unsere Mitglieder, die Mitglieder aber auch für uns da sind.

Was wünschst du dir im Moment und für die Zeit nach Corona? 

Ein Innehalten, ein für sich selber sehr nachdenklich sein, sich sehr intensiv mit der Gesamtsituation auseinandersetzen. Was hat das alles verursacht, was ist alles passiert? Es kann jeder Zeit wieder kommen und es ist ein guter Warnschuss. Ich denke, wir sollten als Menschen viel enger zusammenrücken, als Gesellschaft noch viel toleranter werden, mehr Verständnis aufbringen für Menschen, Ideen und Einstellungen. Wir sollten uns im einem klar werden: Nur gemeinsam können wir etwas erreichen und alleine stehen wir relativ schnell im Abseits.

Das Interview im Video: