125 Jahre BFV: Nachwuchsfußball im Wandel der Zeit

Fußball spielten die Kinder Berlins auch in den Nachkriegsjahren mit großem Ehrgeiz. Foto: Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin.

Zum Ligastart im Jugendbereich befasst sich der BFV mit der historischen Entwicklung des Nachwuchsfußballs in Berlin.

Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des BFV im Jahr 2022 blicken Daniel Küchenmeister und Thomas Schneider vom Verein Sport:Kultur e.V. in einer Artikelserie auf die bewegte Geschichte des Berliner Fußballs zurück. Dazu erscheinen in regelmäßigen Abständen Texte zu vielfältigen historischen Themen. Zum Ligastart im Jugendbereich befasst sich dieser Beitrag mit der Entwicklung des Nachwuchsfußballs in Berlin.

BFC Germania begründet Jugendarbeit im deutschen Fußball

Im Berliner Fußball-Verband wird in der Gegenwart dem Nachwuchs große Aufmerksamkeit zuteil. Die vielen Kinder und Jugendlichen, die unseren Ballsport in den Vereinen betreiben, haben in der Gemeinschaft zusammen Spaß, entwickeln individuelle Fähigkeiten und erleben kollektives Miteinander. Diesen Intentionen folgten schon die Begründer des Fußballs im 19. Jahrhundert.

Der BFC Germania 1888 begründete bereits die Jugendarbeit im deutschen Fußball, als sein Mitglied Georg Demmler zehn Jahre nach Gründung des Vereins eine regelmäßige Übungsgruppe von Jungen unter 18 Jahren organisierte. Die Ursprünge der Nachwuchsarbeit – die unseren heutigen Vorstellungen entsprechen – liegen jedoch erst in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg.

In der Zeit der Weimarer Republik entwickelte sich der Fußball zu einem Massensport und zog nicht nur immer mehr junge Männer an, sondern zunehmend auch Kinder und Jugendliche. Die Vereine bauten jetzt Jugendabteilungen auf und im Verband wurden Jugend-Obmänner aktiv. Mit Werbekampagnen versuchte der Fußball, für seinen Sport zu begeistern, denn die Verantwortlichen hatten erkannt, dass auf diese Weise die Zukunft gesichert wird.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und der Gleichschaltung der Gesellschaft, darunter auch des Sports, ordneten sich die Fußballvereine und -verbände den neuen Machthabern unter. Für Kinder und Jugendliche war in jenen Jahren Sport nur möglich, wenn sie auch den Organisationen des NS-Regimes angehörten. Jüdische Nachwuchssportler wurden ausgeschlossen. An den gesellschaftlichen Rand gedrängt, organisierten diese sich in eigenen Vereinen, mussten jedoch ab 1938/39 im Verborgenen Fußball spielen.

In den Nachkriegsjahren ab 1945 bekam der Sport für Kinder und Jugendliche eine wichtige gesellschaftliche Funktion. In der stark kriegszerstörten Stadt Berlin war Fußball die erste Sportart, die wieder ausgeübt werden konnte. Die Sportgruppen und später die Vereine boten jungen Menschen sozialen Halt. Vielen Kindern und Jugendlichen gab der Sport in entbehrungsreichen Jahren Lebensorientierung.

Gesamtgesellschaftlicher Beitrag des Nachwuchsfußballs

Die Teilung Deutschlands 1949 traf Berlin im besonderen Maße. In der Stadt entwickelten sich nach der Spaltung entsprechend den gegensätzlichen Gesellschaftssystemen zwei Sportsysteme. In Ost-Berlin hatte sich der Kinder- und Jugendsport auch im Fußball den politischen Richtlinien zu fügen. Speziell der Fußballnachwuchs geriet in die Mühlsteine zwischen der außergewöhnlichen Förderung des Spitzensports in den Sportclubs sowie auf den Kinder- und Jugendsportschulen und den oft unzureichenden Voraussetzungen im Breitensport, der in Betriebssportgemeinschaften organisiert war.

In West-Berlin entwickelte sich die Sportbewegung auf demokratischem Boden und ließ der Nachwuchsförderung mehr freien Raum bei der Entwicklung. Zu Zentren der Nachwuchsarbeit wurden Vereine wie Hertha BSC, Hertha 03 Zehlendorf, die Reinickendorfer Füchse und Tennis Borussia. Viele Talente der Stadt verließen jedoch West-Berlin, das – von der Mauer umgeben – unter schwindender Wirtschaftskraft litt. Trotz aller Probleme, die die Teilung auf beiden Seiten der Berliner Mauer mit sich brachten, leisteten die Vereine eine exzellente Nachwuchsarbeit, die Könner wie Thomas Häßler, Pierre Littbarski, Frank Rohde und Andreas Thom hervorbrachte.

Seit der Deutschen Wiedervereinigung 1990 entwickelte sich der Kinder- und Jugendfußball enorm und erreichte quantitativ wie qualitativ ein zuvor nie gekanntes Niveau. Der Berliner Fußball-Verband legte sein Augenmerk einerseits auf hohe Standards bei der systematischen Ausbildung der Übungsleiter:innen und Trainer:innen sowie andererseits auf die kontinuierliche Entwicklung des Nachwuchses. Großen Aufschwung nahm der Mädchenfußball.

Der Fußball in den verschiedenen Altersklassen der Jugend hatte schon immer eine wichtige Funktion über den Sport hinaus, denn hier üben die Mädchen und Jungen auf und neben dem Platz das Miteinander über soziale und kulturelle Grenzen hinweg. Insbesondere den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und nicht selten jungen Trainerinnen und Trainern kommt dabei eine wichtige Aufgabe zu. Sie leisten einen erheblichen Beitrag für den Zusammenhalt und die Zukunft der Gesellschaft.

Alle Artikel, die im Rahmen der Serie bereits erschienen sind, können hier nachgelesen werden: 125 Jahre BFV