125 Jahre BFV: Internationale Spiele der Auswahlteams

Berliner Stadtauswahl in den 1920er-Jahren mit Hanne Sobek von Hertha BSC (vierter von rechts), der mit 104 Berufungen die ewige Liste im Berliner Fußball-Verband anführt.

Zur traditionellen Schweden-Reise der U14-Junioren-Auswahl befasst sich der BFV mit vergangenen internationalen Spielen Berliner Auswahlteams.

Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des BFV im Jahr 2022 blicken Daniel Küchenmeister und Thomas Schneider vom Verein Sport:Kultur e.V. in einer Artikelserie auf die bewegte Geschichte des Berliner Fußballs zurück. Dazu erscheinen in regelmäßigen Abständen Texte zu vielfältigen historischen Themen. Zum Start der traditionellen Schweden-Reise, die die BFV-U14-Junioren seit vielen Jahren durchführt, geht es um die Geschichte internationaler Spiele von Berliner Auswahlteams.

Premiere 1899 in Wien

In der Geschichte des Berliner Fußball-Verbandes spielten Begegnungen von Auswahlmannschaften bis zu den 1960er-Jahren eine herausragende Rolle. Vor allem Spiele gegen Teams aus dem europäischen Ausland wurden über die Fußballfamilie hinaus öffentlich wahrgenommen und zogen das Publikum in die Stadien. Beliebte Gegner waren beispielsweise die Teams aus Prag, Wien, Paris, Basel, Kopenhagen oder Budapest. Für die Aktiven war die Berufung in die Stadtauswahl eine hohe Auszeichnung und nicht zufällig bezeichnete man über Jahrzehnte hinweg diese Fußballer als „Repräsentativspieler“.

Bereits zwei Jahre nach der Gründung des Verbandes Deutscher Ballspielvereine wagten die Funktionäre erste internationale Begegnungen mit Auswahlmannschaften anderer Städte. Die Premiere am 29. Oktober 1899 in Wien konnten die Berliner 2:0 für sich entscheiden.

Zu einem Höhepunkt im Leben des noch jungen Verbandes wurde die Reise zu englischen Clubs im Januar 1901. Allen Berliner Fußballbegeisterten war damals bewusst, dass man von den Briten lernen musste, wollte man den Rasensport in Deutschland voranbringen. Die Herausforderungen im Vorfeld einer solchen Fahrt waren für die Fußballpioniere enorm, denn es galt die finanziellen Mittel aufzubringen, die Fahrt zu organisieren und ausreichend Spieler für die Begegnungen zu gewinnen.

Englandreise 1901: Spielpraxis auf höchstem Niveau

14 Spieler und einige Offizielle machten sich am Neujahrstag 1901 auf den Weg und absolvierten bereits am 3. Januar in Southampton ihr erstes von insgesamt fünf Spielen. Die Mannschaft um Paul Eichelmann (BFC Germania 1888) und Walter Jestram (Britannia 1892) war unmittelbar nach der Überfahrt in der Hafenstadt angetreten! Dass alle angesetzten Begegnungen bei einem Torverhältnis von 12:34 gegen die Berliner verloren gingen, überraschte weder Aktive noch Beobachter. Die Fußballer aus der deutschen Hauptstadt waren nicht im Geringsten über die Niederlagen betrübt, sondern sahen den Gewinn in den Begegnungen mit Sportlern des anderen Landes und in der Spielpraxis auf höchstem Niveau.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Teilung des Berliner Fußball-Verbandes in den West-Berliner VBB und den Ost-Berliner Bezirksfachausschuss im Fußball-Verband der DDR bekamen die sportlichen Begegnungen mit ausländischen Auswahlmannschaften oftmals einen politischen Akzent. Vor allem die DDR legte großen Wert darauf, die Spiele propagandistisch auszunutzen. Als am 7. Oktober 1956 vor 50.000 Zuschauern im Walter-Ulbricht-Stadion das Ost-Berliner Team gegen die Moskauer Auswahl antrat, feierte die Zeitung der SED das Ereignis als ein „großartiges Geschenk“ der Sowjetunion „zum siebten Republikgeburtstag“. Die Ost-Berliner Spieler wie der zweimalige Torschütze Günther Wirth von Vorwärts Berlin sahen jedoch mehr das Sportliche im Vordergrund und gingen nur ungern als Verlierer mit 2:6 Toren vom Platz.

USA-Reise der VBB-Auswahl: 15.000 Zuschauende

Der VBB nutzte seine Kontakte in anderer Richtung und veranstaltete im Mai 1959 eine USA-Reise, die bei Spielern und Funktionären als Erlebnis lange nachwirkte. Die Berliner Stadt-Elf konnte alle sechs Spiele für sich entscheiden und bezwang vor 15.000 Zuschauenden sogar die US-Nationalmannschaft mit 3:1. Unter den Amerika-Fahrern des VBB war unter anderem Helmut Faeder, der im August 1963 am ersten Bundesliga-Spieltag für Hertha BSC in der Startformation stand.

Die Veränderungen des Fußballs ab Mitte der 1960er-Jahre – wie die zunehmende Professionalisierung und der Bedeutungszuwachs der elektronischen Medien, insbesondere des Fernsehens – führten zu einem Verlust an Attraktivität der Städtespiele. Fortan wandelte sich der Charakter der internationalen Begegnungen und sie dienten stärker der Entwicklung des Amateurfußballs sowie dem freundschaftlichen Sportaustauch.

Alle Artikel, die im Rahmen der Serie bereits erschienen sind, können hier nachgelesen werden: 125 Jahre BFV