125 Jahre BFV: Bedeutende Berliner Schiedsrichter

Peter Gabor (Mitte) vor dem Anstoß des DFB-Pokalfinales am 20. Juni 1987 im Berliner Olympiastadion zwischen dem Hamburger SV und den Stuttgarter Kickers.

Zum Ewald-Regely-Turnier am 2. Juli befasst sich der BFV mit renommierten Unparteiischen der Berliner Fußballhistorie.

Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des BFV im Jahr 2022 blicken Daniel Küchenmeister und Thomas Schneider vom Verein Sport:Kultur e.V. in einer Artikelserie auf die bewegte Geschichte des Berliner Fußballs zurück. Dazu erscheinen in regelmäßigen Abständen Texte zu vielfältigen historischen Themen. Zur 45. Auflage des Ewald-Regely-Turniers am 2. Juli geht es um renommierte und engagierte Berliner Schiedsrichter.

Berliner Schiedsrichter pfeift erstes Heimspiel einer deutschen Nationalmannschaft

Die Ahnenreihe der Berliner Schiedsrichter, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt geworden sind und im Fußball prägend gewirkt haben, ist lang.

Der erste internationale Schiedsrichter, den Berlin hervorgebracht hat, war Paul Neumann vom BFC Viktoria 1889. Er pfiff das erste Heimspiel einer deutschen Nationalmannschaft, das am 20. April 1908 gegen England stattfand. Dass bei der Partie ein Spieler der Heimmannschaft als Unparteiischer zum Einsatz kam, war ein Vertrauensbeweis seitens der Gäste aus dem Mutterland des Fußballs.

Zu noch weit größerem internationalen Renommee brachte es nach dem Ersten Weltkrieg neben Carl Koppehel, der am 1. November 1918 die „Berliner Schiedsrichter-Zeitung“ als erstes deutsches Schiedsrichter-Organ aus der Taufe hob, vor allem Alfred Birlem. Er leitete zwischen 1927 und 1939 insgesamt 21 Länderspiele und nahm als Unparteiischer an den Fußball-Weltmeisterschaften 1934 in Italien und 1938 in Frankreich teil. Darüber hinaus pfiff Birlem die Endspiele um die deutsche Fußballmeisterschaft 1931/32 und 1932/33 sowie zwei Jahre später das erste deutsche Pokalfinale. Auch beim Fußballturnier im Rahmen der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin leitete er das Spiel um die Bronzemedaille zwischen Norwegen und Polen.

In den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren waren Werner Treichel und Ewald Regely die herausragenden Männer in Schwarz. Treichel gehörte in den 1950er- und 1960er-Jahren zu den renommiertesten Referees in Deutschland, leitete von 1973 bis 1978 den Schiedsrichterausschuss beim Deutschen Fußball-Bund und war damit oberster Chef aller Unparteiischen in Deutschland. Ebenfalls auf dem Weg zu höheren Aufgaben war Ewald Regely, der jedoch früh verstarb und nach dem das traditionelle Turnier der Berliner Schiedsrichter benannt ist.

Wolfgang Riedel – Aushängeschild des Ostberliner Schiedsrichterwesens

Auf Ostberliner Seite war es Wolfgang Riedel, der von 1952 bis 1978 Karriere als Unparteiischer machte und im nationalen und internationalen Fußball die höchsten Ebenen erreichte. In der DDR-Oberliga leitete er 242 Spiele und im FDGB-Pokal 52 Begegnungen, die Pokal-Endspiele 1965 und 1973 waren Höhepunkte seiner Laufbahn. Riedel amtierte auch als FIFA-Schiedsrichter und pfiff zwischen 1968 und 1978 als Referee auf der europäischen und auf der Weltbühne des Fußballs, unter anderem in 11 A-Länderspielen.

Peter Gabor erreichte in den 1970er- und 1980er-Jahren den größten Bekanntheitsgrad über Berlin hinaus. Er brachte es zwischen 1969 und 1988 auf insgesamt 158 Einsätze in der Bundesliga. Der sportliche Höhepunkt seiner Karriere war das DFB-Pokalfinale 1987 im heimischen Berliner Olympiastadion. Daneben standen insgesamt 26 DFB-Pokalspiele sowie 71 Spiele in der 2. Liga zu Buche. 1989 wurde Gabor Vorsitzender des Verbandsschiedsrichterausschusses im BFV und hatte, kaum im Amt, die historische Aufgabe zu meistern, die beiden Berliner Schiedsrichter-Organisationen zusammenzuführen. Neben seiner Tätigkeit als Schiedsrichterbeobachter bis auf Bundesliga-Niveau erstellte er bis Mai 2008 in der Schiedsrichter-Zeitung des DFB die Rubrik Regelfragen, wodurch er auch jungen Schiedsrichtern ein Begriff war.

Lutz Michael Fröhlich begann 1985 seine Karriere als DFB-Schiedsrichter, 2003 pfiff er das DFB-Pokalfinale. Von 1991 an war er in der Bundesliga, von 1994 bis 2002 zudem als FIFA-Schiedsrichter aktiv. Als 2005 nur eineinhalb Jahre vor der WM im eigenen Land der Wettskandal den deutschen Fußball erschütterte, war es Fröhlich, der zusammen mit seinen Berliner Schiedsrichterkollegen Manuel Gräfe und Felix Zwayer Unstimmigkeiten bei verschiedenen Zweitliga-Partien sowie Pokalspielen beim DFB angezeigt hatte. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn arbeitete er ehrenamtlich im Bereich der Schiedsrichterausbildung und -entwicklung. Von 2008 bis 2016 war Fröhlich als hauptamtlicher Leiter der Abteilung Schiedsrichter beim DFB beschäftigt, seit 2016 leitet er den Schiedsrichterausschuss beim DFB.

Über alle Zeiten hinweg haben sich Schiedsrichter aus Berlin durch ihr Engagement und das Übernehmen von Verantwortung um den Berliner Fußball und das Schiedsrichterwesen in Deutschland verdient gemacht.

Alle Artikel, die im Rahmen der Serie bereits erschienen sind, können hier nachgelesen werden: 125 Jahre BFV