„Alle kicken mit!" - Schnatterball mit Günter Hagedorn

Günter Hagedorn beim Schnuppertraining, Foto: BFV.

Günter Hagedorn berichtet im Interview von seinen Erfahrungen im Mädchenfußball.

Seit über 30 Jahren ist er Fußballtrainer und Funktionär. Er startete seine Laufbahn in jungen Jahren in Kreuzberg und leitete später als Geschäftsführer die Geschicke der Spandauer Kickers, bei denen er eine Frauen- und Mädchenabteilung mit großem Erfolg aufbaute (mehr zu den ersten Mädchenteams bei SpaKi). Der große Erfolg war immer auch Ausdruck der gelungenen Kooperation zwischen Schule und Verein, deren Verstetigung letztlich in Günters Mitarbeit bei ALLE KICKEN MIT mündete. Seine Erfahrungen sind seit Jahren richtungsweisend für die Projektarbeit. Über ebendiese sprach er im aktuellen Schnatterball.

 

Günter, Du bist ein Urgestein im Mädchenfußball, aber auch im Juniorenbereich stets aktiv und erfolgreich gewesen. Woher kommt diese Leidenschaft?

Angefangen hat das alles schon in jungen Jahren. Ich habe selbst beim BBC Südost, der mittlerweile nicht mehr existiert, in der Regionalliga spielen dürfen. Damals war das schon eine ganzschöne Nummer, immerhin die zweithöchste Liga. Unser Jugendleiter war damals Gerd Liesegang, selbst noch sehr jung und heute Vizepräsident beim BFV, und der motivierte mich zur Übernahme eines Teams. Später in Spandau haben wir dann sowohl im Verein als auch mit den Schulen viele Auswahlspieler/-innen hervorgebracht und Erfolge gefeiert. Das lässt einen dann nicht mehr los.

Hand aufs Herz, macht es Dir mehr Spaß mit Mädchen oder Jungen?

Das kann ich so nicht sagen. Entscheidend ist für mich, dass die Kinder motiviert und engagiert bei der Sache sind. Ich möchte, dass die Kinder sich verbessern und die Chance erhalten im Vereinsfußball Fuß zu fassen. Unterschiede gibt es viel mehr zwischen den einzelnen Einzugsgebieten. Während ich an einer Schule gutbürgerliche Klientel vorfinde, kommen mir an anderen die Kinder teilweise aggressiv und voreingenommen entgegen. Da bin ich dann mehr als Sozialarbeiter denn als Trainer gefragt.
Meine Erfahrungen mit den Mädchen sind dabei in den Höhen genauso wie in den Tiefen vorhanden wie auch bei den Jungen.

Wie genau bist Du denn zu ALLE KICKEN MIT gekommen?

Man muss vielleicht eher sagen, wie ist das Projekt zu mir gekommen (lacht). Ich habe ja bereits seit Anfang des Jahrtausends mit Schul-AGen und Kooperationen angefangen, damals natürlich noch sehr auf Zuruf und wenig institutionalisiert. Durch die Vergleichsspiele mit dem 1. FC Union Berlin kannte ich dann u.a. Kathrin Nicklas vom BFV. Ich war regelmäßig bei Ihr und Kerstin Grünheit im Büro und so kam das Ganze ins Rollen. Als dann das Projekt Jahre später startete, war ich von Tag eins an dabei. Das Projekt hilft sehr durch die Bereitstellung von Materialien und bei der Organisation, z.B. von Fußballcamps. Da bin ich gerne aktiv dabei. Und so lange ich das noch leisten kann, bleibe ich am Ball.

Viele Deiner Vereinsspielerinnen und -spieler kommen aus Schul-AGen. Hast Du eine schöne Geschichte für uns?

Da gibt es natürlich viele, immerhin sind sicher über 100 Kinder aus den AGen in den Verein gewechselt. Pia Pantel ist zum Beispiel mittlerweile als jüngerer Jahrgang Spielerin bei den D1-Junioren von SpaKi – nicht schlecht, oder? Dabei musste ihre Mama zu Beginn noch etwas überzeugt werden, dass sie überhaupt so viel Zeit mit Fußball verbringt. Mittlerweile spielt sie in der Berliner Auswahl und durfte mit der U12 im letzten Jahr den NOFV-Länderpokalsieg feiern. Solche Geschichten machen mich stolz, genauso aber auch die von Kindern, die einfach durch die AG und den Verein dauerhaft Fußball spielen können.

Gerade bezogen auf Deine Mädchenteams, war es jemals ein Problem, dass Du ein Mann bist? Unterscheidet sich Dein Umgang mit Jungen und Mädchen dadurch?

Ein Problem war das nie. Sicherlich werde ich mich bei Trainings oder Turnieren während des Umziehens nicht in den Kabinen aufhalten, aber das ist bei beiden Gruppen so. Die Kinder sollen da ihren geschützten Raum haben. Ich versuche immer eine gesunde Mischung aus Nähe und Distanz zu finden. Einige Kinder springen einen am liebsten an und wollen mal eine Hand halten oder auf dem Schoß sitzen. Da gibt es für mich dann aber klare Grenzen, die ich den Kindern so kommuniziere. Für das Vertrauensverhältnis ist es dennoch unablässig auch emotionale Nähe zuzulassen. So sind Trauer und Freude wichtige Bestandteile unseres Sports. Diese teile ich mit den Kindern als Bezugsperson natürlich gerne. Gerade für den Übergang in den Verein ist eine vertraute Ansprechperson ganz wichtig. Viele Mädchen suchen noch stärker als die Jungs ja ein festes soziales Umfeld im Verein und nicht den schnellen sportlichen Erfolg.

Vielen Dank, Günter – für Deine Zeit heute und Dein jahrzehntewährendes Engagement!

 

Der Schnatterball ist ein Format des Berliner Fußball-Verband e. V. im Rahmen des Mädchenfußballprojekts „Alle kicken mit!“. Dabei sollen insb. Persönlichkeiten des Berliner Frauen- und Mädchenfußballs zu Wort kommen und in verschiedenen Beiträgen ihre Erfahrungen mit anderen teilen. Die Ausgestaltung der Formate reicht dabei vom schriftlichen Interview über Fotostrecken bis zur Talkrunde auf Video. Ihr kennt interessante Menschen, die dafür in Frage kommen? Wir schnattern mit allen, die unter allekickenmit@berlinerfv.de bei uns reinflattern.