Robert Wessel und Tom Channir im Interview

Tom Channir und Robert Wessel werden die Halbfinal-Begegnungen im AOK-Landespokal leiten. Foto: BFV.

Vor den Halbfinals im AOK-Landespokal standen die zuständigen Schiedsrichter Rede und Antwort.

Am Dienstag, den 9. April 2019 wird Tom Channir um 19:00 Uhr das erste Halbfinale im AOK-Landespokal der 1. Herren anpfeifen. Es duellieren sich auf dem Sportplatz Wendenschloßstraße die VSG Altglienicke und Tennis Borussia.
Am Tag darauf, den 10. April, ertönt um 18:00 Uhr der Anpfiff zum zweiten Halbfinale zwischen dem BFC Dynamo und dem FC Viktoria 89. Die Partie im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark wird von dem Unparteiischen Robert Wessel geleitet.
Für die Mannschaften in den Partien geht es um nichts Geringeres als die Teilnahme am Finaltag der Amateure am 25. Mai 2019. Da lastet auch auf den Schultern der Schiedsrichter eine Menge Druck. Die zuständigen Referees standen bezüglich der Pokal-Halbfinals Rede und Antwort. Das Interview führte Johann Schwarz (BFV).

Robert, du amtierst als hochausgebildeter Schiedsrichterassistent an der Seite von Lasse Koslowski in der 2. Bundesliga. Spiele in Berlin sind für dich eher eine Seltenheit. Und auch für dich, Tom, sind Berliner Sportplätze seit deinem Aufstieg in die NOFV-Oberliga nicht mehr alltäglich. Was unterscheidet ein Berliner Pokalspiel im Halbfinale von euren regulären Ansetzungen?

Tom Channir: Für mich ist das Pokalspiel etwas Besonderes. Es ist nicht irgendein Spiel, sondern ein Halbfinale. Selbst wenn ein Kreisligist gegen einen Verbandsligisten spielen würde, wäre das etwas Besonderes. Pokalspiele haben eine andere Dynamik als Ligaspiele. In der Liga haben die Teams etwas mehr Routine. Und am 9. April geht es nicht um einen Tabellenplatz, sondern um das Finale.

Robert Wessel: Das denke ich auch. Ob das Spiel in Berlin stattfindet oder nicht, ist gar nicht relevant. Das Entscheidende ist, worum es geht. Und da der Landespokal vor wenigen Jahren finanziell aufgewertet wurde, spielt es gar keine Rolle, wo das Spiel stattfindet. Es findet auf Rasen statt, es werden viele Zuschauer zu den Spielen kommen und alle wissen, worum es geht. Der einzige Unterschied ist vielleicht, dass es etwas weniger mediale Aufmerksamkeit gibt, als in der 2. Liga. Doch auch das hat sich in Berlin schon so weit geändert, dass hier mindestens ein bis zwei Kameras jedes Spiel verfolgen. Was natürlich schön ist, ist dass man mal eine kürzere Anreise hat. Sonst sind wir üblicherweise ein oder zwei Tage für ein Spiel unterwegs. Jetzt mal mit der Straßenbahn anzureisen, ist ganz angenehm.

Und deine Familie freut sich sicher auch?

Robert: Definitiv. Mein Sohn ist noch recht jung, aber freut sich, wenn er mich im Fernsehen sieht. Und diesmal kommt die Familie natürlich mit ins Stadion.

Tom hat mit Fabian Zastrow und Philipp Gentsch zwei Schiedsrichter an der Linie, die ihn auch während der Saison regelmäßig begleiten. Welche Vor- oder Nachteile hat Routine im Schiedsrichterteam?

Tom: In diesem Fall profitiere ich natürlich davon, dass ich die beiden schon länger kenne und auch schon einige Spiele in der Oberliga mit Fabian und Philipp bestreiten konnte. Wir kennen uns gut und dadurch wissen wir auch, wie die jeweiligen Abläufe vor, während und nach dem Spiel sind. Alle wissen voneinander, wie sie ticken. Das ist ein ganz großer Vorteil.

Robert: Bei mir ist es ja genau umgekehrt. Ich bin mit einem Team unterwegs, dass es in dieser Konstellation noch nicht gab. Ich sehe das allerdings auch nicht als Nachteil, weil wir uns in Berlin in Bezug auf die Assistenten und deren Ausbildung in den letzten Jahren einen deutlichen Schritt nach vorn bewegt haben. Das wirkt sich natürlich positiv auf die Teamarbeit aus. Wir treffen uns vor dem Spiel dennoch sehr früh, gehen noch einen Kaffee trinken, um dabei ein paar Sachen durchzusprechen.

Vor dem Pokalfinale 2018 haben wir mit Stefan Paffrath, Felix Zwayer und Ebru Sönmezer über technische Hilfsmittel gesprochen. Felix wurde in seinem Spiel vom Videoschiedsrichter unterstützt, Stefan hat sich für das Finalspiel - im Berliner Fußball sonst unüblich - ein Headset geliehen, Ebru pfiff ihr Spiel ohne jegliche technische Hilfsmittel. Wie werdet ihr euer Spiel bestreiten?

Tom: Ich benutze Funkfahnen und denke auch, dass das ein gutes Hilfsmittel ist. Alles andere würde mich aus meiner Routine bringen.

Robert: In der Regionalliga leite ich die Partien wie Tom nur mit Funkfahnen und das werden wir in diesem Spiel auch so machen. Felix hat damals gesagt, dass das wichtigste Hilfsmittel der Blickkontakt ist. Das stimmt. Ein Headset kann ausfallen, die Funkfahnen können ausfallen. Nicht nur in solchen Momenten muss klar sein, wie man auf dem Spielfeld miteinander kommuniziert. Es macht auf jeden Fall weniger Sinn, in so einem wichtigen Spiel zu experimentieren. Stefan hat sich zum Beispiel vor dem Finale mit seinen Assistenten noch ein Testspiel genommen, um mit dem Headset zu trainieren. Das ist wichtig, weil technische Hilfsmittel natürlich auch Gefahren bergen.

Du sprichst die Kommunikation im Team an. Es ist nicht lange her, dass im DFB-Regelheft ein Absatz existierte, der sich Vorgehensweisen zur Ermittlung eines Siegers" nannte und sich mit dem Elfmeterschießen befasste. Diese Anweisungen finden sich nun in Regel 10 Bestimmung des Spielausgangs" wieder. Welchen Stellenwert hat die Vorbereitung auf ein Pokalspiel im Team?

Robert: Die Vorbereitungen für ein Pokalspiel sind natürlich extrem wichtig, allein deswegen, weil es so viele Besonderheiten gibt. Das geht bei Kleinigkeiten los, wie zum Beispiel auch zur zweiten Halbzeit eine Wählmarke mitzunehmen. Und wir müssen wissen, wie die Abläufe sind: Was gilt während des Elfmeterschießens? Zum Beispiel bei Reduzierung der Spieler durch Feldverweise, und so weiter. Wir müssen uns nichts vormachen: Es wäre mehr als nur peinlich, wenn es aufgrund eines Fehlers des Schiedsrichterteams eine Neuansetzung geben würde.

Tom: Ganz genau. Wir müssen uns ins Gedächtnis rufen, dass es in diesem Spiel nur Sieg oder Niederlage gibt. Und diese Besonderheit erfordert eben auch eine besondere Vorbereitung.

Nun gab es in Berlin leider schon den Fall von Sportgerichtsverhandlungen aufgrund vermeintlicher Regelfehler. 

Tom: Natürlich ist es gut, mehr Informationen über einzelne Spiele oder Spieler oder auch Ereignisse zu haben. Ich würde aber davon abraten, sich zu sehr damit zu beschäftigen. Das kann sich nur negativ auf die Leistung auswirken.

Robert: Ich sehe das genauso. Ich denke auch, dass es gut ist, sich damit auseinanderzusetzen, aber irgendwann muss dann auch ein Haken dahinter gesetzt werden. Es gilt bei jedem Spiel, Regelfehler zu vermeiden und daher ist das auch nicht weiter im Hinterkopf.

Eine letzte Frage, eine kurze Antwort: Welche Regel ist eure Lieblingsregel?

Tom schweigt. Robert schweigt. Beide lachen. Beide schweigen erneut.

Robert: Regel 12.

Tom: Sehe ich auch so.

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg!