Kathrin Nicklas: „Unglaubliche Momente“

Kathrin Nicklas ist seit 30 Jahren hauptamtlich für den Berliner Fußball-Verband tätig. Foto: sr Pictures Sandra Ritschel.

Im Interview mit DFB.de spricht die hauptamtliche BFV-Mitarbeiterin Kathrin Nicklas über ihr Leben mit und für den Frauenfußball.

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute. Mit ihrer Leidenschaft und ihrem Engagement hat auch Kathrin Nicklas, die seit 30 Jahren hauptamtlich für den Berliner Fußball-Verband tätig ist, den Frauenfußball in Berlin und über die Stadtgrenzen hinaus geprägt. Im Rahmen der Serie „50 Jahre, 50 Gesichter“ hat DFB.de mit ihr gesprochen.

Kathrin Nicklas über...

... ihren Weg in den Fußball:
Aufgewachsen bin ich in Sangerhausen in Sachsen-Anhalt. Da war der Gedanke, mal aktiv Fußball zu spielen, sehr weit weg, zumal es damals noch kein Mädchenfußball gab. Ich habe mit sechs Jahren im Leistungszentrum mit Leichtathletik begonnen. Meine große Stärke war die Mittelstrecke. Bis zum Ende der Schulzeit habe ich diesen Sport betrieben, der mir auch viel Spaß gemacht hat. Wir waren eine gemischte Gruppe aus Jungen und Mädchen und haben zum Aufwärmen immer Fußball gespielt. Da ich die Jüngste war, entwickelte sich bereits früh ein kämpferischer Ehrgeiz. Ich habe schnell gemerkt, dass der Fußball meine Leidenschaft ist. Auch in der Freizeit habe ich immer mit den Jungs gekickt. So hat es angefangen.

... ihre Leidenschaft zum Fußball:
Fußball war schon immer meine große Leidenschaft - sicher auch geprägt durch meinen Vater, der sehr sportinteressiert war. Ich habe auch viele Spiele der damaligen Frauen-Nationalmannschaft gesehen, auch wenn nur im Fernsehen. Ich kann mich zum Beispiel sehr gut erinnern, als die DFB-Frauen 1989 erstmals Europameisterinnen wurden.

... ihre Zeit in Berlin:
1979 kam ich nach meiner Berufsausbildung nach Berlin und trat eine Stelle im Fecht-Verband der DDR an. Nach der Arbeit wollte ich natürlich weiterhin sportlich aktiv bleiben und habe mich zunächst einem Handballverein angeschlossen. Fußball war auch hier nur unser Aufwärmspiel. Eine Kollegin nahm mich 1981 mit zum Fußball bei der BSG Kabelwerk Oberspree und somit kam ich mit Anfang 20 Jahren zum aktiven Fußball.  Diese Mannschaft wurde dann eine der führenden in Berlin und auch auf DDR-Ebene konnten wir sehr gut mithalten. Bei der inoffiziellen DDR-Meisterschaft, die damals noch DDR-Bestenermittlung hieß, haben wir es einige Male bis ins Halbfinale geschafft. Dort war dann leider immer Endstation, denn vor allem Potsdam, Jena, Rostock, Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz, Anm.d.Red.), Aue und Dresden waren damals Hochburgen des Frauenfußballs. Im Zuge der Wende sind wir dann vom 1. FC Union Berlin übernommen worden, der inzwischen eine gestandene Adresse im Frauen- und Mädchenfußball in Berlin ist.

... das einzige Länderspiel in der Geschichte der DDR:
Das ist ohne Zweifel der Höhepunkt meiner Karriere als Spielerin. Ich bin bis heute stolz darauf, beim ersten und einzigen Länderspiel in der DDR-Geschichte im Kader gestanden zu haben. Wir haben gegen Tschechien gespielt, damals noch CSSR. Die deutliche Niederlage von 0:3 war einerseits enttäuschend, aber es war ein unvergessliches Erlebnis, dabei gewesen zu sein.

…das Ende ihrer Laufbahn:
Mit 37 Jahren hat mir mein Körper immer wieder Zeichen gegeben, dass ich besser Schluss machen sollte und so bestritt ich 1997 mein letztes Spiel. Aber ganz mit dem Fußball abzuschließen, war für mich natürlich nicht möglich. Schon während meiner aktiven Laufbahn habe ich mich für eine Trainertätigkeit interessiert und eine Trainerlizenz erworben. Von 1997 bis 2004 war ich Trainerin der Frauen des 1. FC Union Berlin. Bis 2004 habe ich diese Aufgabe mit großer Leidenschaft ausgeübt. Wir haben tolle Erfolge gefeiert, der größte war unser Aufstieg in die NOFV-Regionalliga im Mai 2001. Seit 1984, damals noch in der DDR, engagiere ich mich ehrenamtlich für den Frauen- und Mädchenfußball. Seit 2007 bin ich in den Gremien des DFB und NOFV im Ausschuss Frauen- und Mädchenfußball.

... ihr Engagement beim Berliner Fußball-Verband:
Nach der Wiedervereinigung habe ich mich beim BFV beworben und bin dort seit dem 11. Oktober 1990 als Sachbearbeiterin tätig. Darüber hinaus engagierte ich mich auch als Trainerin der weiblichen U13-Auswahlmannschaft des Verbandes. Ich hatte in dieser Zeit großes Glück, dies ist schon kurios, drei Zwillingspärchen trainieren zu dürfen: So spielten Sylvie und Nicole Banecki sowie Monique und Isabel Kerschowski im Jahr 2008 bei der U 20-WM in Chile und Katja sowie Dina Orschmann dann bei der U 20-WM 2016 in Papua-Neuguinea. In meiner Funktion als Auswahltrainerin war es mir immer ein ganz wichtiges Anliegen, den jungen Spielerinnen zu vermitteln, was ich durch den Sport Tolles erleben durfte.

... ihre aktuelle Tätigkeit:
Heute bin ich im Verband in erster Linie im Referat Events & Soziales tätig und weiterhin für den Ausschuss Frauen- und Mädchenfußball sowie den Jugendausschuss. Ich habe unglaubliche und unvergessene Momente erlebt. Ich betreue beispielsweise seit vielen Jahren beim DFB-Pokalfinale in Berlin die Kinder des Rahmenprogramms. Für die Spielerinnen und Spieler der Berliner Vereine ist dies ein großartiges Erlebnis, natürlich auch für die Einlaufkinder. Die Schüler-Länderspiele – damals noch gegen England – und die Länderspiele der A-Nationalmannschaft, bei denen ich persönlich vor Ort war, waren ebenfalls Highlights.

... ihre ganz persönliche Erinnerung an 50 Jahre Frauenfußball in Deutschland:
Ich bin glücklich darüber, bei vielen Highlights des Fußballs dabei gewesen zu sein. Mein absoluter Höhepunkt war das Eröffnungsspiel der Frauen-WM 2011 im ausverkauften Berliner Olympiastadion, wo ich auch die Ballmädchen betreuen durfte sowie auch die Champions-League-Endspiele der Frauen und Männer 2015. Eine weitere, sehr schöne Erinnerung für mich ist die Reise der Frauen-Nationalmannschaft 2010 nach Cleveland, wo ich als Delegationsleitung fungierte. Dank des Fußballs habe ich viele tolle Menschen kennenlernen dürfen. Ich war in der glücklichen Lage, Beruf und Hobby miteinander zu verbinden, was mich immer wieder motiviert.

Weitere Informationen zur historischen Entwicklung, zu Statistiken und prägenden Persönlichkeiten des Frauenfußballs in Berlin gibt es hier: 50 Jahre Frauenfußball