Felix Zwayer, Ebru Sönmezer und Stefan Paffrath im Interview

Stefan Paffrath, Ebru Sönmezer und Felix Zwayer leiten die Pokalspiele am Wochenende. Foto: Schwarz/BFV.

Vor dem Pokalwochenende standen die Schiedsrichterin Ebru Sönmezer und die Schiedsrichter Felix Zwayer und Stefan Paffrath Rede und Antwort.

BFV: Hallo Ebru, Felix und Stefan! Ihr dürft am kommenden Wochenende drei unterschiedliche Pokalfinals leiten. Ebru pfeift das Finale der Berliner Frauen, Stefan leitet das Finale der Berliner Männer und Felix darf das DFB Pokal-Finale der Männer leiten. Zusätzlich wurde Kati Kobelt nominiert für das DFB Pokal-Finale der Frauen als Assistentin von Sandra Stolz. Welche Bedeutung hat so ein Pokalspiel für euch?  

Stefan: Wenn man im Bereich des BFV pfeift, ist das Landespokalfinale das Maximum, was man erreichen kann. Von daher hat das Spiel am Montag eine sehr große Bedeutung für mich. Das ehrt mich natürlich sehr und ich habe mich riesig gefreut, als ich die Nachricht bekommen habe.

Ebru: Ich war etwas überrascht, dass ich das Finale leiten darf. Gleichzeitig habe ich mich sehr gefreut.

Felix: Das DFB-Pokalfinale als Berliner in Berlin leiten zu dürfen, ist auch für mich etwas ganz Besonderes. Ein Finale zu pfeifen, ist immer eine großartige Auszeichnung.

Du hast am selben Tag Geburtstag, Felix. Wo wird gefeiert und wie wird gefeiert?  

Felix: Erstmal gar nicht. Zuerst kommt das Spiel und dann sehen wir weiter. Je nach Gemütslage werden wir aber am Ende des Tages einen passenden Rahmen finden.  

Wie bereitet ihr euch auf eure Spiele vor? Bedeutet ein besonderes Spiel auch eine besondere Vorbereitung?  

Stefan: Es gibt mehrere Bereiche in Bezug auf die Vorbereitung. Der eine Bereich ist das Körperliche. Ich nehme mir gerade mehr Zeit als sonst zum Trainieren. Der andere Bereich bezieht sich auf das Spielmanagement: Wie ist die Abstimmung im Team optimal? Weil das Spiel für uns ein besonderes Spiel ist, haben wir uns von Daniel Siebert ein Headset geliehen. Das konnten wir am Wochenende bereits testen. Sowas ist für uns alle sehr aufregend.

Ebru: Ich bereite mich gerade auf die Jahresabschlussprüfung vor. Dabei bereite ich mich nicht nur sportlich auf die Prüfung vor, sondern auch theoretisch. Allerdings nehme ich jetzt nicht das Regelbuch in die Hand und versuche noch irgendwelche Regeln zu lernen. Ich bleibe einfach relaxt und cool und nehme das Spiel wie jedes andere.  

Felix, dein Assistent Marco Achmüller wird dich am Samstag nicht aufs Spielfeld begleiten.

Felix: Leider. Wir ärgern uns sehr, aber wir wussten, dass seine Chancen gering sind, wenn es bayerische Beteiligung im Finale gibt. Marco kommt aus Bayern und darf daher aufgrund der Spielpaarung und der aktuellen Richtlinien nicht amtieren. Ob diese noch aktuell oder zeitgemäß sind, sei dahingestellt. Wenn beim Eishockey die USA gegen Kanada spielen und die Kanadier die besten Schiedsrichter im Turnier stellen, dann dürften sie amtieren. Soweit sind wir bei uns im Fußball noch nicht. Aber wir werden das verkraften. Dafür kommt Markus Häcker ins Team. Wir kennen uns seit Jahren und haben gemeinsam schon viele Spiele geleitet.

Eine Verlängerung der Spielzeit ist möglich. Fitness allein wird dann allerdings nicht ausreichen.  

Stefan: Das stimmt. Aber wie Ebru und Felix schon gesagt haben: Sobald Anpfiff ist, ist es letztlich einfach nur ein Fußballspiel. Und zum Glück habe ich mit Kai Kaltwaßer, Sebastian Hornig und René Welzer ein tolles Team an meiner Seite. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass wir in die Verlängerung gehen. Natürlich ist so ein Finale im Amateurbereich auch für die Mannschaften ein besonderes Ereignis. Das ist vermutlich anders als im Profibereich, wo die Spieler ständig Spiele haben, in denen es um richtig viel Geld und Existenzen geht. Wir müssen damit rechnen, dass nicht jeder Spieler mit diesem Druck umgehen kann. Dann kann es in der 115. Spielminute auch mal zu Kurzschlussreaktionen kommen. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Aber ich denke, das werden wir schaffen.  

Felix, du hast dich schon sehr früh in deiner Karriere sehr intensiv auf deine Spiele vorbereitet. Wie bereitet man sich ohne Videoanalysen optimal auf ein Spiel vor?  

Felix: Auch damals schon habe ich regelmäßig die Fußball-Woche gelesen. Ich war regelmäßig im Austausch mit anderen Schiedsrichtern. Wir haben über die Spiele gesprochen und darüber diskutiert. Ich habe auch ganz viel Fußball geschaut. Wann immer ich Zeit hatte, war ich auf den Plätzen unterwegs und habe mir Sachen an- und manche sogar abgeschaut: Was machen die Schiedsrichter und wie reagieren die Spieler. Das sind Dinge, die mir langfristig weitergeholfen haben. Grundsätzlich ist im Amateurbereich der Austausch ganz wichtig. Sich selbst zu hinterfragen ist die Grundlage für alles.

Ebru: Anfangs saß ich auch neben dem Feld und habe mir Spiele angeschaut und analysiert: Welche Persönlichkeiten haben die Spieler und Schiedsrichter. Ich habe mir Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter angeguckt und habe mir Dinge abgeguckt, die ich für meine Entwicklung nutzen kann. Dadurch habe ich mein Repertoire erweitern können. Ich denke, dass es wichtig ist, viel von anderen zu sehen.  

Es gab eine Zeit, in der exzessiv technische Hilfsmittel für die Schiedsrichter gefordert wurden. Mittlerweile kommt der Videoassistent zum Einsatz. Stefan hat erzählt, dass er sich ein Headset geliehen hat für das Finale. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf den Amateursport?  

Stefan: Ich denke, dass alles, was uns hilft, die besseren Entscheidungen zu treffen, prinzipiell gut ist. Ich fand es bemerkenswert, wie sorgfältig wir gestern mit dem Headset einzelne Spielszenen abgearbeitet haben. Das war eine Qualitätssteigerung. Allerdings verändert sich dadurch auch vollkommen das Amtieren im Team. Der Assistent ist in jede Situation eingebunden. Das birgt natürlich auch seine Risiken.  

Ebru, wirst du irgendwelche Hilfsmittel nutzen am Sonntag?  

Ebru: In der Bezirksliga pfeife ich allgemein ohne Assistenten. Ich freue mich auf das Hilfsmittel „Assistent“. Insofern empfinde ich es eher als schwierig, ohne Erfahrung mit Funkfahnen zu amtieren. Ich werde am Sonntag mit ganz normalen Fahnen das Spiel leiten. Bevor ich Funkfahnen nutze, muss ich lernen, wie ich Fahnenzeichen zu deuten habe.  

Felix: Diesen Ansatz finde ich toll. Zu sagen, „Ich gewöhne mich jetzt erstmal daran, mit Assistenten zu amtieren. Ich lasse mal das ganze Gepiepe weg und bleibe bei den Basics“, ist wichtig! Das alles Entscheidende ist immer noch der Blickkontakt.  

Ihr seid alle Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, die weit über 30 Jahre alt sind. Welchen Einfluss hat Lebenserfahrung auf eure Spielleitung?  

Stefan: Ich fürchte eine große. Ich habe mich früher immer geärgert, wenn die Älteren über Lebenserfahrung gesprochen haben. Ich glaube allerdings, dass es im Umgang mit Menschen extrem viel ausmacht, ob ich gewohnt bin, mich in andere Charaktere hineinzuversetzen. Habe ich gelernt, Konfliktsituationen zu antizipieren? Und habe ich solche Situationen schon mal durchlebt? Sowas trainiert sich im Laufe des Lebens.  

Felix: Man kann es auch umdrehen: Welchen Nachteil könnte Lebenserfahrung oder das Alter haben? Der einzige Nachteil wäre eventuell die körperliche Leistungsfähigkeit. Aber auch das hat sich im Laufe der Jahre sowohl im professionellen als auch im Amateurbereich gewandelt. Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sind Leistungssportler. Diese Entwicklung setzt sich auch im Amateurbereich durch. Das heißt nicht, dass junge Schiedsrichter nicht auch super pfeifen können. Sie sind dann talentiert. Aber auch sie werden irgendwann merken, dass Dinge noch einfacher gelöst werden können, wenn die Komponente Erfahrung dazu kommt. Insofern ist Alter und was damit einhergeht, Lebenserfahrung und Spielerfahrung, nur von Vorteil. Je älter man wird, umso mehr hat man sich selbst gefunden und ruht in sich und in den jeweiligen Situationen. Und das ist etwas, das man ausstrahlen kann in solch wichtigen Spielen.  

Stefan, wie gehst du mit dem Gedanken um, dass du am Montag ein Millionen-Publikum vor dem Fernseher hast?

Stefan: Ich habe das zum Glück schon probieren dürfen, als ich das AOK-Traditionsmasters in der Max-Schmeling-Halle pfeifen durfte. Das Turnier wurde auch live übertragen. Da ist mir bewusst geworden, was die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter auf professioneller Ebene aushalten müssen. Allein die Tatsache, dass meine beiden Söhne jetzt vor dem Fernseher sitzen und jede meiner Entscheidungen in Zeitlupe auseinandernehmen können, hat etwas in mir ausgelöst. Ich finde es sehr beruhigend, dass ich diese Erfahrung nicht erst am Montag machen muss. Deshalb bin ich jetzt relativ entspannt.  

Felix: Das Schöne daran ist, dass es Dinge gibt, um die man sich nicht mehr selbst kümmern muss: Die Aufnahmeleiter klopfen uns und die Mannschaften aus den Kabinen, das Spielformular ist da und das Spiel kann auf die Sekunde genau pünktlich beginnen. Und ob da jemand zuhause in den Fernseher brüllt oder nicht, merkt man während der 120 Minuten als Schiedsrichter zum Glück nicht. Die Unterhaltung ist einseitig: Sie kommt aus dem Fernseher raus, aber nicht zurück.

Vielen Dank für das Interview, Ebru, Stefan und Felix und viel Spaß am Wochenende.