„Das Finale wird ein absolutes Mentalitätsspiel“

Seit Oktober 2015 im Amt: Ersan Parlatan. Foto: Viktoria Berlin

Ersan Parlatan, Trainer vom FC Viktoria 1889 Berlin, spricht im Interview über den Finalgegner BFC Dynamo und seine Stärken sowie über seine persönliche Zukunft.

Am 25. Mai 2017 findet um 17 Uhr das Endspiel des Berliner Pilsner-Pokals statt. Im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark wird der FC Viktoria 1889 Berlin auf den BFC Dynamo treffen. Der BFV traf sich im Vorfeld mit Ersan Parlatan zum Gespräch über das Finale.

Herr Parlatan, Gratulation zur Finalteilnahme. Gab es für Sie ein Schlüsselerlebnis auf dem Weg ins Finale?

Das Spiel in Lichtenberg in der zweiten Runde möchte ich hervorheben. Da war es besonders kurios. Uns wurde zunächst ein Tor aberkannt, in der 90. Spielminute hielt uns dann unser Torwart Dominik Kisiel mit einer Glanztat im Spiel. Dadurch konnten wir uns in der Verlängerung schlussendlich durchsetzen. Das war für uns alle ein sehr spezieller Sieg.

Sehen Sie Ihre Mannschaft in der Außenseiter- oder Favoritenrolle?

Weder noch. Ich denke das ist wirklich eine von diesen 50/50 Partien. Es werden sich zwei Mannschaften gegenüber stehen, die auf Augenhöhe sind. Natürlich ist auf der einen oder anderen Position die eine oder andere Mannschaft besser besetzt. Aber im Allgemeinen gleicht sich das ziemlich aus, demzufolge wird die Tagesform eine große Rolle spielen, wahrscheinlich sogar entscheidend sein.

Was wird am Ende den Unterschied zum Pokalsieg ausmachen?

Wir werden versuchen unseren eigenen Spielstil durchzusetzen und auf die Stärken und Schwächen des Gegners Einfluss zu nehmen. Auch wenn sich das nun etwas klischeehaft anhört, aber ich denke, das wird ein Spiel, das vor allem durch die Mentalität entschieden wird. Die Mannschaft, die den unbedingten Willen hat und in der Lage ist, über sich hinauszuwachsen, wird den Pokal gewinnen.

Dennis Srbeny vom BFC Dynamo ist mit 16 Toren einer der gefährlichsten Stürmer der Regionalliga Nordost, im Berliner Pilsner Pokal-Halbfinale sorgte er zuletzt mit einem Tor und zwei Assists für den Finaleinzug. Haben Sie bereits einen Plan wie Sie ihn bändigen werden?

Es gibt keinen Plan, der speziell auf Dennis Srbeny ausgerichtet ist. Unsere Abwehrreihe muss im Verbund wachsam sein. Die Gefahr geht nicht nur von Srbeny alleine aus. Der BFC Dynamo hat Spieler wie Kai Pröger, Rockenbach da Silva oder etwa Vincent Rabiega in ihren Reihen, die für permanente Gefahr sorgen können. Da müssen wir in der Defensive souverän und seriös spielen, möglichst keine individuellen Fehler machen und versuchen die Kreise der gegnerischen Offensive einzuengen und sie nicht zur Entfaltung kommen lassen.

Der BFC Dynamo wird sich hingegen etwas einfallen lassen müssen, um Ihren Kapitän Ümit Ergirdi zu entschärfen. Ergirdi spielt mit seinen 35 Jahren eine herausragende Saison. Wie gelingt es Ihnen als Trainer, dass Spieler wie Ergirdi Woche für Woche Topleistungen abrufen können?

Ich denke, das ist in erster Linie Ümits eigener Verdienst. Er hat eine extrem professionelle Einstellung zum Fußball, genauso wie Karim Benyamina. Das sind unsere beiden „alten Haudegen“, ihre große Erfahrung ist für uns sehr hilfreich. Mit seiner professionellen Einstellung erleichtert Ümit mir oftmals die Arbeit. Im Training läuft er immer vorneweg und hat auch einen gewissen Standpunkt bei mir. Wir kommunizieren in dieser Hinsicht viel, das ist für uns beide sehr wertvoll.  Als Trainer muss ich natürlich dafür sorgen, dass er fit und engagiert ist. Aber vor allem dank seiner Professionalität ist seine gute Form in erster Linie sein eigener Verdienst.

Unter Ihrer Führung gelang es Viktoria Berlin nicht nur Ruhe, sondern auch einen gewissen Aufschwung in den Verein zu bringen. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Als ich hier angefangen habe, kannte ich den Verein bereits ein wenig. Vor der Fusion (anm. d. Red.: BFC Viktoria 1889 und der Lichterfelder FC Berlin fusionierten am 1. Juli 2013 zum FC Viktoria 1889 Berlin) war ich bei BFC Viktoria anderthalb Jahre als Trainer angestellt, ich wusste daher worauf ich mich einlasse. Ich denke, dass ich sehr authentisch geblieben bin und dadurch habe ich mit meiner Philosophie durchdringen können. Ich habe immer versucht, ehrlich zu den Spielern zu sein und dabei gewisse Dinge beim Namen genannt. Sei es in Form von Kritik an Spielern oder generell im Verein. Durch meine Direktheit und meine klaren Vorstellungen lebe ich vieles selbst vor, dadurch kann man dann natürlich im Gegenzug auch vieles einfordern.

Ihr Kapitän Ümit Ergirdi sprach einst vom "Projekt Viktoria Dritte Liga". Wie fortgeschritten ist dieses "Projekt"? Immerhin werden Sie ab Juni die Ausbildung zum Fußball-Lehrer absolvieren, mit erfolgreichem Abschluss könnten Sie dann auch im Profibereich tätig sein.

Ich möchte zunächst einmal klar stellen, dass meine Fußball-Lehrer-Ausbildung unabhängig von meiner Tätigkeit bei Viktoria ist. Dass ich gleich mit meinem ersten Versuch angenommen wurde, freut mich persönlich natürlich sehr. Gleichzeitig überrascht es mich auch ein wenig, da es nicht einfach ist, als Trainer eines Amateurvereins für die Fußball-Lehrer-Ausbildung zugelassen zu werden. Im Verein laufen weiterhin intensive Gespräche über die genaue Zielrichtung in den kommenden Jahren – zu gegebener Zeit werden die Gedanken sicherlich auch deutlicher nach außen kommuniziert.

Wie ist es für Sie mit einem Sportlichen Leiter zusammenzuarbeiten? Nicht alle Regionalligisten entscheiden sich für solch ein Modell. Wie sieht die Zusammenarbeit mit Rocco Teichmann aus?

Mit Rocco läuft das sehr gut. Unsere Ziele decken sich zu 100%, wir sind beide erfolgshungrig. Mit diesem Modell ist man auch aufeinander angewiesen, wir reden quasi über alles, keine Entscheidung wird selbstständig getroffen. Von der Kaderzusammenstellung bis hin zu den Vorbereitungsplänen, wir gehen alles gemeinsam durch. Ich denke, dass das eine gute Konstellation ist, es macht Spaß jemanden an seiner Seite zu haben, der mit großem Fußballsachverstand zu überzeugen weiß. 

Welchen Gegner würden Sie sich in der 1. DFB-Pokalrunde wünschen?

Ich habe keinen Wunschgegner, denn erst müssen wir den Pokal gewinnen. Das ist erstmal Herausforderung genug.

Der BFV bedankt sich für das Gespräch mit Ersan Parlatan und verweist ebenfalls auf das Interview mit Rene Rydlewicz, Trainer des BFC Dynamo.