#KickOut: Ein Gesicht für queere Menschen im Sport

Die Kampagne hat ihren Ursprung in den beiden Berliner Vereinen DFC Kreuzberg und FSV Hansa 07. Foto: KickOut/BFV.

Ziel der Initiative ist es, mehr Sichtbarkeit und Selbstverständlichkeit von queeren Lebensrealitäten in und um den Fußball zu schaffen.

Jeder Mensch hat einen Platz im Fußball, unabhängig von sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität. Das lässt sich leicht behaupten. Doch in der Realität sehen sich queere Menschen oftmals noch einigen Hürden und Anfeindungen sowohl im alltäglichen Leben als auch auf dem Fußballplatz ausgesetzt. Die Initiative #kickout möchte diesen Menschen ein Gesicht geben, Tabus und Stereotype aufbrechen, damit in Zukunft jeder Mensch im Fußball so sein kann, wie er:sie es möchte. Denn queere Menschen im Fußball gibt es – in allen Ligen, auf allen Bolzplätzen, überall auf der Welt.  

Ihren Ursprung hat die Kampagne in den beiden Berliner Vereinen DFC Kreuzberg und FSV Hansa 07. Mittlerweile haben sich der Bewegung bereits über 100 Teilnehmer:innen angeschlossen. Nicht nur Amateursportler:innen, sondern auch Profifußballer:innen aus der FLYERALARM-Frauen-Bundesliga wie Anna Blässe, Lara Dieckenmann oder Svenja Huth zeigen ihr Gesicht. Die drei Initiator:innen Alice Drouin (FSV Hansa 07), Sofie Goetze (DFC Kreuzberg/Champions ohne Grenzen) und Pia Mann (DFC Kreuzberg/DISCOVER FOOTBALL) erzählen im BFV-Interview unter anderem, wie die Idee zur Kampagne entstanden ist und wie sie den Umgang mit dem Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Berliner Fußball wahrnehmen: 

Wie seid ihr dazu gekommen, diese Initiative zu starten? 
Die Kampagnen #actout und #teachout haben uns inspiriert, eine ähnliche Bewegung rund um den Fußball zu starten. Aber auch die Kampagne “Ihr könnt auf uns zählen” brachte uns zum Nachdenken: So sehr wir jegliche Initiativen für Vielfalt und Toleranz begrüßen, so wenig repräsentiert fühlen wir uns von Aktionen, die nicht von queeren Menschen selbst kommen. 
 
Wie ist der Kontakt zu den Beteiligten entstanden? Es sind ja nicht nur Amateursportler:innen mit ihren Gesichtern vertreten, sondern auch Fußballprofis wie Anna Blässe, Lara Dickenmann, Svenja Huth und Hedvig Lindahl. 
Wir freuen uns darüber, dass diese Profi-Spielerinnen bei #kickout mitmachen und sich gemeinsam mit Amateurfußballer:innen engagieren. Mit ihrer Teilnahme geben sie nicht nur unserer Kampagne einen großen medialen Schub, sondern zeigen auch, wie wichtig es ist, dass bekannte Persönlichkeiten sich für mehr Sichtbarkeit von queeren Menschen einsetzen. Die Ansprache lief unkompliziert: Wir haben sie persönlich, z.T. über ihre Social Media-Kanäle angesprochen und wurden auch bei unserem Aufruf von der Abteilung Gesellschaftliche Verantwortung des DFB unterstützt. Der Großteil der Teilnehmer:innen kommt jedoch aus dem Amateurbereich. Da haben wir unser großes internationales Netzwerk genutzt, denn Vernetzungsarbeit betreiben wir alle schon lange. 
 
Was für ein Ziel verfolgt die Kampagne? 
#kickout zielt darauf hin, mehr Sichtbarkeit und Selbstverständlichkeit von queeren Lebensrealitäten in und um den Fußball zu leisten - in allen Ligen, auf allen Bolzplätzen, überall auf der Welt. Wir wollen Strukturen aufbrechen, in denen queere Menschen sich outen sollen, während cis Personen bzw. Heterosexuelle als “normal” gelten und dies nicht erklären müssen. Wir wollen einen Fußball, in dem kein Coming-out nötig ist, egal welcher sexuellen Orientierung bzw. Geschlechtsidentität wir angehören. Unser wichtigstes Ziel ist allerdings queeren Menschen auf und neben dem Platz Mut zu machen. Viele queere Personen stecken vielleicht in Strukturen, die es ihnen (noch) nicht ermöglichen, immer und überall sie selbst zu sein. Für sie wollen wir Vorbild sein und ihnen sagen: “Wir sind da, wir sind viele, wir sind unterschiedlich. Du bist genauso richtig, wie du bist.” 
  
Wie erlebt ihr generell Toleranz im Berliner Fußball? Habt ihr in den letzten Jahren eine Entwicklung feststellen können? 
In Bezug auf geschlechtliche und sexuelle Vielfalt sehen wir im Berliner Fußball in den letzten Jahren durchaus positive Entwicklungen. So haben wir natürlich begrüßt, dass der BFV 2019 als erster und bisher einziger Landesverband in Deutschland eine Regelung zur Inklusion von trans- und intergeschlechtlichen Menschen in den Spielbetrieb geschaffen hat. Auch wenn nichtbinäre Menschen und trans* Menschen, die keine Geschlechtsangleichung möchten, zwar davon ausgeschlossen sind, ist dies sicherlich ein wichtiger Schritt hin zu mehr Akzeptanz von queeren Menschen im Berliner Fußball. Das bedeutet allerdings nicht, dass es auf den Plätzen in Berlin diskriminierungsfrei zugeht. Auch hier gibt es leider immer noch (zu viele) homofeindliche Beschimpfungen oder transfeindliche Passkontrollen. Und auch in Bezug auf andere Diskriminierungsformen wie z.B. Sexismus oder Rassismus bzw. Mehrfachdiskriminierungen wie z.B. von türkeistämmigen queeren Personen ist im Berliner Fußball noch Luft nach oben. Da bedarf es von allen Beteiligten, also Spieler:innen, Schiedsrichter:innen, Trainer:innen, Zuschauer:innen, Platzwärt:innen etc. nach wie vor mehr Sensibilität und nicht zuletzt Mut, den Mund auf- und sich gegen Diskriminierungen verschiedenster Art stark zu machen. 
 
Seht ihr im Amateurfußball einen Unterschied im Umgang mit den Themen Gleichberechtigung und sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Vergleich zum Profibereich? 
Diese Frage lässt sich schwer beantworten. Interessant ist es auf jeden Fall, dass es Fußballerinen anscheinend leichter fällt, in ihren Teams und in der Öffentlichkeit ihre Queerness auszuleben. Es scheint, als wäre der männliche (Profi-)Bereich im Vergleich viel konservativer, vielleicht, weil sowohl im Amateur- als auch im Profibereich noch überwiegend patriarchale Verhältnisse herrschen. Auch deshalb haben wir #kickout gestartet: Wir wollen nicht darauf warten, bis sich ein aktiver männlicher Profi-Spieler outet, sondern wollen gemeinsam mit all unseren Teilnehmer:innen selbst als Vorbilder auftreten. 
 
Was wünscht ihr euch von Verbandsseite für die Zukunft was dieses Thema angeht? 
Mit #kickout stellen wir keine Forderung und sehen uns nicht in die Position der Vertreter:innen von queeren Menschen im Fußball. Als Berliner:innen freuen wir uns natürlich, dass der BFV im letzten Jahr Ansprechpersonen für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ernannt und einen Leitfaden für gendergerechte Sprache entwickelt hat. Dies sind wichtige Schritte, denen weitere Taten folgen sollten wie z.B. finanzielle Ressourcen für Verantwortliche im Bereich sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, Kampagnen etc. Generell wünschen wir uns mehr queere Personen als Entscheidungsträger:innen und in hauptamtlichen Positionen. Und da unser Kernthema Sichtbarkeit ist: Mehr Vielfalt in der Kommunikation, in den Bildern und weiterhin in der Sprache. 

Weitere Informationen zur Initiative gibt es hier: #kickout 

Weitere Informationen zum Engagement des BFV: Vielfalt

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