„Die Bedürfnisse der Kinder stehen im Vordergrund“

Der Berliner Fußball-Verband treibt die Einführung neuer Spielformen im Kinderfußball voran.

Den Spaß am Fußball fördern, mehr persönliche Erfolgserlebnisse schaffen und einen stärkeren Fokus auf die individuelle sportliche Entwicklung setzen – das sind die zentralen Ziele, die der Deutsche Fußball-Bund und seine Regional- und Landesverbände mit der Einführung der neuen Spielformen im Kinderfußball verfolgen. Im Gegensatz zum klassischen Spielbetrieb mit wöchentlichen Begegnungen zwischen zwei Vereinen sieht das neue Modell für die Altersklassen der G- bis E-Jugend perspektivisch eine Wettbewerbsform mit flexibel durchführbaren Spielfesten mit jeweils bis zu 16 Mannschaften auf mehreren Kleinfeldern vor. Neben den Team-, Tor- und Spielfeldgrößen soll auch der Einfluss der Trainer:innen und Eltern bzw. Erziehungsberechtigten auf das Geschehen auf dem Platz reduziert werden, um den Leistungsdruck zu minimieren.

„Die Bedürfnisse der Kinder stehen bei diesem Ansatz im Vordergrund“, erklärt Christian Metke, der die Einführung der neuen Spielformen in Berlin als DFB-Stützpunktkoordinator bereits seit mehreren Jahren begleitet. „Jedes Kind möchte Tore schießen, Ballaktionen haben und möglichst aktiv am Spielgeschehen teilnehmen – und das ist in den neuen Wettbewerbsformen dank kleinerer Teams und Spielfelder eher möglich. Der Modus der Spielfeste ermöglicht es zudem flexible Anpassungen vorzunehmen, um die Mannschaften hinsichtlich ihres Leistungsniveaus gruppieren und jedem Kind adäquate Spielerlebnisse ermöglichen zu können.“

BFV strebt flächendeckende Umstellung in der G-Jugend an

Nachdem einzelne Berliner Vereine in den vergangenen Jahren bereits eigene Testläufe organisiert hatten, startete der Jugendausschuss des Berliner Fußball-Verbandes zur Saison 2020/2021 Pilotprojekte mit den neuen Spielformen in der G- und F-Jugend. In diesen Altersklassen wurde parallel zum klassischen Spielbetrieb auch die freiwillige Teilnahme an den neuen Wettbewerbsformen angeboten. Die Option stieß auf großes Interesse bei den Vereinen, berichtet Uwe Blaschke, zuständig für Sonderspielformen im Jugend-Spielausschuss des BFV: „Im Bereich der G-Jugend haben in der Saison 2020/2021 bereits mehr als 50 Prozent aller gemeldeter Mannschaften unser Angebot zur Teilnahme an den Spielfesten wahrgenommen. 40 Prozent der Vereine haben sogar auf eine Meldung für den klassischen Spielbetrieb verzichtet. Diese Zahlen bestätigen uns darin, dass unser Weg auch an der Basis auf die notwendige Akzeptanz stößt.“

Perspektivisch sollen die neuen Spielformen den klassischen Spielbetrieb in allen Altersklassen von der G- bis zur E-Jugend ablösen. Mit der erfolgreichen Einführung der Pilotprojekte in den beiden jüngsten Altersklassen im vergangenen Jahr ist ein erster Schritt auf diesem Weg getan. Diese sollen in der Saison 2021/2022 auf den E-Jugend-Bereich ausgeweitet werden. Für die G-Jugend strebt der BFV zur kommenden Spielzeit zudem eine flächendeckende Umstellung auf die neuen Wettbewerbsformen an, über welche die Vereine auf dem Jugend-Verbandstag am 6. Mai 2021 abstimmen werden. „Wir können in Berlin historisches erreichen. Der BFV mit all seinen Mitgliedsvereinen kann der erste Landesverband sein, der flächendeckend einen organisierten Spielbetrieb mit den neuen Wettbewerbsformen in der G-Jugend anbietet“, sagt Christian Metke und fügt an: „Wir konnten in den letzten Jahren beobachten, dass sich immer mehr Vereine den neuen Spielformen anschließen und die Begeisterung auch in der Breite ankommt.“

Spielfeste und große Staffeln

Konkret würde die geplante Umstellung des Spielbetriebs der G-Jugend eine Reduzierung der Teamgrößen von bisher sieben auf nur noch drei Kinder pro Mannschaft nach sich ziehen. Im F- und E-Jugend-Bereich sehen die neuen Spielformen ein Vier-gegen-vier bzw. Fünf-gegen-fünf vor. Die Staffeln sollen idealerweise aus 32 Mannschaften bei der G- und F-Jugend sowie 24 Mannschaften bei der E-Jugend bestehen. Die Einteilung erfolgt auf Basis der geographischen Nähe der Vereine zueinander, um lange Anfahrtswege verhindern zu können. „Wir planen ganz bewusst mit diesen großen Staffeln. Das hat den Vorteil, dass an jedem Spieltag in jeder Gruppe mehrere parallel stattfindende Spielfeste organisiert werden können. Zeichnen sich im Laufe der Saison beispielsweise starke Leistungsunterschiede zwischen einzelnen Teams ab, können die Teilnehmendenfelder für bevorstehende Spielfeste flexibel dem Niveau entsprechend angepasst werden, um Über- bzw. Unterforderung vorzubeugen und die Motivation der Kinder hochzuhalten“, erklärt Uwe Blaschke. „Außerdem fallen kurzfristige Absagen von Mannschaften bei diesen Staffelgrößen kaum ins Gewicht. Während derartige Fälle in der klassischen Wettbewerbsform zwangsläufig zu einem Ausfall der geplanten Begegnung geführt haben, können die Spielfeste bei vereinzelten Ausfällen trotzdem stattfinden.“

Um Vereine, die bisher noch keine Erfahrungen mit dem Kinderfußball sammeln konnten, mit den neuen Spielformen vertraut zu machen, plant der BFV im Sommer – vorausgesetzt die pandemische Lage erlaubt es – die Durchführung sogenannter „Kickoff-Veranstaltungen“. Zu diesem Zweck hat der Jugendausschuss eine Komplettausstattung für die Durchführung eines Spielfestes angeschafft und möchte in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Jugend-AGen in jedem Berliner Bezirk einen Testlauf anbieten. Darüber hinaus arbeitet der BFV aktuell intensiv daran, für seine Mitgliedsvereine vergünstigte Konditionen bei der Anschaffung der für die Spielfeste vorgesehenen Mini-Tore auszuhandeln. „Wir lassen die Vereine mit der Umsetzung der neuen Wettbewerbsformen nicht alleine“, betont Blaschke.

Kinderfußball in der Qualifizierung

Auch im Qualifizierungsbereich des Berliner Fußball-Verbands wird das Thema verstärkt begleitet. „Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten fortlaufend kinderfußballspezifische Angebote in Form von digitalen Kurzschulungen schaffen. Darüber hinaus werden die neuen Wettbewerbsformen auch Thema der geplanten Diskussionsrunden im Rahmen der ‚Qualitalks‘ und auf dem digitalen Qualifizierungstag sein“, berichtet Martin Meyer, Leiter Qualifizierung & Sport beim BFV. „In unseren Angeboten wird es auch um die Rolle der Kindertrainer:innen gehen, die sich entsprechend der neuen Spielformen ebenfalls verändert. Hier vermitteln wir, dass es eher um die Begleitung der Spieler:innen auf ihrem Entwicklungsweg und weniger um eine Art der Steuerung geht.“

Gemeinsam mit seinen Mitgliedern möchte der BFV den nächsten Schritt auf dem Weg zur flächendeckenden Umstellung des Spielbetriebs in den jüngsten Altersklassen gehen. „Deshalb laden wir alle Vereine ein, sich selbst ein Bild von den neuen Spielformen zu machen – denn nur wer es gesehen und erlebt hat, kann sich davon überzeugen, dass wir diesen Weg zum Wohle aller fußballspielenden Kinder beschreiten“, erklärt Christian Metke und konstatiert: „Letztendlich sollten wir den Fußball durch die Augen eines Kindes sehen. Und dafür benötigt es einen Ball, Tore und einen Ort, an dem es diese Sportart mit Freude ausüben kann.“

Interessierte finden unter berliner-fussball.de/kinderfussball weitere Informationen sowie Neuigkeiten zum Thema. Für Rückfragen steht Uwe Blaschke (uwe.blaschke@berlinerfv.de) als Ansprechperson zur Verfügung.